Vortrag von Prof. Michael Windzio: Soziale Integration in Netzwerken. Intergenerationale Geschlossenheit und die Dynamik ethnischer Segregation.

13. Februar 2020 / Sowi VII

Im Rahmen des Kolloquiums "Forschungsfragen der Computational Social Science" von Prof. Dr. Raphael H. Heiberger

Zeit: 13. Februar 2020, 17:30 Uhr
Ort: Seidenstraße 36, Raum 2.075 

Soziale Integration ist ein Schlüsselbegriff der Soziologie. Integration ist aber ein relationales Konzept, d.h. es ist entweder bezogen auf Bindungen zwischen Personen oder Bindungen zwischen Personen und sozialen Systemen. Insofern ist es naheliegend, auch in der empirischen Integrationsforschung das relationale Konzept der Integration mit relationalen Daten und Methoden der Netzwerkanalyse zu untersuchen. Insbesondere die dynamische Perspektive der stochastic actor based models (SOAMs) überwindet die Gleichgewichtsannahmen von Querschnittanalysen und modelliert die Evolution der Netzwerke über die Zeit, wodurch sich neue Möglichkeiten zur Erforschung ethnischer Segregationsprozesse sowie der Effekte des kollektiven Sozialkapitals ergeben.

In dem Beitrag wird zum einen die Dynamik ethnischer Segregation von Netzwerken analysiert. Es wird gezeigt, dass während laufender sozialer Austauschprozesse die Neigung zur Reziprozität in Abhängigkeit von ethnisch homo- oder heterogenen Dyaden variiert. Demzufolge ist die ethnische Segregation von Netzwerken nicht allein eine Folge von Gelegenheitsstrukturen. S. Lindenberg’s goal-framing Theorie liefert im Anschluss an die evolutionäre Anthropologie eine schlüssige Handlungstheorie zur Erklärung dieses Befundes.

Zum anderen wird gezeigt, dass die Entstehung von Sozialkapital auf der Ebene der sozialen Systeme – in diesem Fall der Schulklassen – positive Effekte für die soziale Integration aufweist. Diese Effekte bestehen in der Prävalenz von Gewalt zwischen Kindern und Jugendlichen einer Schulklasse. Sozialkapital in Form der intergenerationalen Geschlossenheit (J. Coleman) der Netzwerke reduziert die Gewaltprävalenz. Intergenerationalen Geschlossenheit bedeutet, dass auch die Eltern von miteinander befreundeten Kindern und Jugendlichen miteinander in Kontakt stehen, wodurch sie die Normen und deren Durchsetzung untereinander abstimmen können, d.h. in J. Coleman’s Terminologie, dass sie Handlungskontrollrechte austauschen. SOAMs ermöglichen, in der empirischen Analyse zwischen unterschiedlichen Mechanismen der intergenerationalen Geschlossenheit zu unterscheiden (‚top-down‘ und ‚bottom-up‘).

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