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Laufzeit:
01/2021 – 12/2023
Finanzierung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Projektleitung:
Prof. Dr. Patrick Bernhagen
Projektmitarbeiter:
Dr. Florian Spohr
Studentische Hilfskräfte:
Krispin Krüger
Carina Schuster
Im europäischen Mehrebenensystem müssen Interessengruppen ihre Lobbytätigkeiten über verschiedenen Regierungsebenen und so genannte Arenen koordieren (Mazey und Richardson 2001; Richardson 2000). Dabei hat die Forschung gezeigt, dass Interessengruppen mit besserem Zugang auf nationaler Ebene sich ebenfalls leichter tun auf mehreren Ebenen präsent zu sein (Beyers und Kerremans 2012: 278). Es ist naheliegend, dass sich Gruppen zuerst an näher gelegene Arenen wenden, bevor sie weiter entfernte Arenen, z.B. auf anderen Regierungsebenen, aufsuchen. Dies gilt besonders in neokorporatistischen Ländern wie Deutschland, wo der Zugang zu politischen Entscheidungsträgern stark institutionalisiert ist (ebd.: 283). In der Tat haben Wissenschaftler festgestellt, dass sich die neokorporatistische Tradition deutscher Interessenvertretung darin widerspiegelt, wie Verbände auf EU-Ebenen lobbyieren (z.B. Schmedes 2008; Eising 2007b; Eising 2005; Eising 2004). Doch während die Forschung im Hinblick auf Arenenwahl und Mehrebenenlobbying bezüglich der nationalen und supranationalen Ebene bereits recht gut entwickelt ist, wird die subnationale Ebene der Politikgestaltung in der Literatur zur Interessengruppenpolitik häufig übersehen. Eine Ausnahme ist eine aktuelle Studie von López und Tatham (2018), die feststellt, dass sich subnationale Interessengruppen organisatorisch und strategisch an das europäische Umfeld anpassen. Unbekannt bleibt, wie und unter welchen Umständen sich organisierte Interessen in mehreren Arenen engagieren, von einer Arena zur anderen wechseln oder sich auf eine bestimmte Arena festlegen.
In diesem Forschungsprojekt beschäftigen wir uns daher mit der Frage, wie organisierte Interessen ihre politischen Aktivitäten über verschiedene Ebenen im Mehrebenensystem der EU koordinieren. Wir definieren Interessengruppen als kollektive Akteure, die ihre Interessen gegenüber dem politischen System kommunizieren, ohne öffentliche Ämter anzustreben oder bei Wahlen anzutreten (Beyers et al. 2008). Mit dem Fokus auf gesetzgeberisches Lobbying beziehen wir sowohl wirtschaftliche Interessengruppen und Verbände, die diffuse Interessen vertreten (Baumgartner und Leech 1998), als auch Institutionen und Firmen (Schlozman und Tierney 1986) in die Analyse ein. Das Projekt wird tiefere Erkenntnisse zu drei großen Forschungsrichtungen beitragen: (1) der Forschung zu subnationalem Lobbying und Lobbying in föderalen Systemen (z.B. Lang und Schneider 2007, Van den Hoven et al. 2003), (2) der Literatur zu Lobbying im europäischen Mehrebenensystem (Dür und Mateo 2016, Tatham 2014) und (3) der Forschung zu Venue Choice und Arena Entry (Constantelos 2010, Binderkrantz, et al. 2015). Hierbei fokussieren wir uns auf deutsche Interessengruppen. Wir betten diese Literaturen innerhalb des Arena-Frameworks ein. Eine Arena konstituiert sich durch (1) ein formelles und/oder informelles Regelsystem, das den Zugang und das Verhalten von Akteuren beeinflusst, (2) eine Reihe von Akteuren, die versuchen, politische Ergebnisse zu gestalten und zu beeinflussen, und (3) die Konflikt-, Ausrichtungs- und Austauschbeziehungen zwischen diesen Akteuren.